Die Geschichte der Flößer im Limpurger Land, ist eine spannende Story, voller Kuriositäten, Tragödien, Konflikten und harter Arbeit.

Damit eben dieses Handwerk und ihre Tradition nicht in Vergessenheit gerät, hier ein Überblick über das Leben dieser Menschen.

Flößervokabular

Maßeinheiten
Der gefällte Baum wurde nach seinem Schlag nicht mehr als Baum, sonder als Staude geführt. Diese Staude wurde in Haalblöcke zersägt. Ein Block hatte eine Länge von 11 Nürnberger Schuh, was heute einer Länge von 3,35 m entspricht. Um den Ansprüchen zu genügen musste ein solcher Block am dickeren Ende einen Durchmesser von 4 bis 17 Zoll haben, also 13,5 bis 57,5 cm. Acht dieser Blöcke wurden zusammen genommen zu einem Fach. 30 Fach Holz wurden dann als ein Stück bezeichnet. Anders gesagt: 240 Baumstämme mit einer Länge von 3,35 m entsprechen einem Stück. Eine Vorstellung davon wie viele Blöcke auf dem Kocher trieben zeigt die unglaublich große Zahl 373 000 die Steffen Hinderer in seinem Buch „Hexen, Henker und Halunken“ angibt; das entspräche ungefähr 3400 Bäumen, die jedes Jahr ihr Leben lassen mussten. Holz, das zu anderen Zwecken als dem Salzsieden diente ist bei dieser groben Rechnung nicht mitberücksichtigt worden, dürfte aber auch einen wesentlich geringeren Teil ausgemacht haben.

Flößerrelevante Plätze
Kleinere Bäche wie der Eisbach oder der Rauhenzainbach, um nur ein Beispiel zu nennen, in welcher Bachgrößenordnung wir uns bewegen, wurden aufgestaut um mit dem Schwellwasser das Holz Richtung Kocher transportieren zu können. Diese künstlichen Stauseen wurden Schwallstuben oder Gumpen genannt. Hatten die Bauern nicht die Möglichkeit ihr Holz gleich in einen Bach oder den Kocher zu werfen, hatten sie eine doch recht spektakuläre Art die Stämme in Richtung Wasser zu befördern: An Hängen wurden wannenförmige Schneisen angelegt. Durch diese sogenannten Wölze konnte das Holz ungehindert bergab auf den Kocher zu gleiten. Auf seiner Fahrt durch den Wald nahm das Holz rasch eine hohe Geschwindigkeit an und donnerte ohne Rücksicht auf Verluste seinem Bestimmungsort zu. Nach dem Wölzen, also dem Befördern des Holzes Richtung Wasser, wurden die Stauden per Viehtransport zum Kocher geschleift und dort auf die schon erwähnte Block-Länge abgespalten, geschrotet wie der Fachmann sagt, oder abgesägt. Diese ufernahen Plätze zur Aufbereitung des Holzes nannte man Schrotplätze.

Male
Um bei dem ganze Durcheinander von Holzlieferanten den Überblick nicht zu verlieren, es wollte ja schließlich auch jeder zu seinem gerechten Lohn kommen, erfand man ein komplexex Zeichensystem, durch welches die Blöcke eindeutig den Bauern zugeordnet werden konnte. Mit einem Beil wurden einfache symetrische Zeichen in die Blöcke eingeschlagen. Jedem Bauer stand so eine bestimmte Zeichenkombination zu, sein Maal. Beim Ausziehen des Holzes in Schwäbisch Hall standen nun vereidigte Personen bereit, die das Holz auf seinen Ursprung hin vermerkten, wobei sie sich für die Male eher belustigende Synonyme verzeichenten, als den Namen des Bauern selbst. Oft liest man von Hasenscharte oder Hasenohr, dessen Holz gerade aus dem Kocher gezogen wurde.

Berufe innerhalb der Flößerei
Damit auch alles reibungslos ablaufen konnte wurden aus den Reihen der Holzbauern für jeweils zwei Jahre die Bachmeister gewählt. Diese waren dafür verantwortlich, dass die Bäche und Stauseen, über die das Holz zum Kocher hin transportiert worden war, gut in Schuss blieben und allzeit genug Wasser führten. Ein weiteres Amt, das aus den Reihen der Holzbauern hervor ging, war das der Treibmeister, die zusammen mit den von der Reichsgrafschaft gestellten Forstknechte die Oberaufsicht über die Flößerei hatten. Nur jene Treibmeister und die Forstknechte durften als Zeichen ihrer Stellung ein Beil am Gürtel mit sich führen.

Um hier eine ungerechte Bevorzugung zu vermeiden wurde das Treibmeisteramt jedes Jahr aufs neue besetzt. Jene Treibmeister hatte ihre Position auf dem Floß und beaufsichtigten das Treiben der einzelnen Blöcke. Der arme Rest der Bauern mussten sich als Stiefelknechte die Füße nass machen und am Ufer und im Fluss versuchen die Blöcke mit der Strömung treiben zu lassen und eventuelle Aufstauungen beseitigen.

Die Zeitspanne der Flößerei

Römer und Germanen
Heinrich Prescher vermutet, dass die Salzvorkommen in Schwäbisch Hall schon seit dem ersten Jahrhundert nach Christus den Germanen und Römern bekannt waren.Tatsächlich ist mittlerweile nachgewiesen, dass die Saline schon seit dem 5.Jahrhundert vor Christus bekannt war. Es ist unwahrscheinlich, dass die römischen Besetzer diese nicht nutzten. Da sie den Kocherlauf bis zu seinem Ursprung kontrollierten ist eine ordentliche Holzflößerei wahrscheinlich schon damals der Fall gewesen.

Erste Urkundliche Erwähnung
Laut Hans König ist der Kocher und die darauf stattfindende Haalflößerei schon seit dem 12. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen. Ein wichtiges Dokument für Limpurg, ist der Vertrag zwischen „Schenk Friedrich und Burgermaister Rathe und Burgern gemainlich der Statt zu Halle.“ -wer tribholz treiben will, der soll davon degen bis gen halle, so es gezogen wurtd mir Schenk Friedrich obgenant, und allen meinen erben.- (Prescher S. 49) In diesem Vertrag wurde der zu leistende Zoll und weitere Abgaben geregelt, der dem Schenkenhaus und der Reichsstadt Hall zufloss. Als Ausgleich bekamen auch die Müller einen kleinen Teil, der sie dafür entschädigen sollte, dass sie während der Flößerzeit ihr Mühlräder stillhalten mussten.

Wichtigkeitsbezeugung der Flößerei durch das Gaildorfer Stadtwappen
Die Relevanz, welche die Haalflößerei hatte macht sich auch heute noch bemerkbar. Das älteste bekannte Siegel der Stadt Gaildorf, welches aus dem Jahr 1434 stammt, zeigt schon ein Floß. Das heutige Wappen Gaildorfs mit den zwei gekreuzten Flößerhaken ist eine Weiterentwicklung dieses Siegels.

Die Haller sparen am Holzverbrauch
Im Jahr 1607 führten die Sieder Hand in Hand mit einer neuen Siedersverordnung das Maß „kleines Pfännlein“ ein. Durch die stetig steigenden Holzpreise sahen sie sich gezwungen die Siedezeit auf 11 Wochen im Jahr zu verkürzen. Durch diese konsequenten Sparmaßnahmen erreichten sie bereits zwei Jahre später, also 1609, dass 147 Stück Holz weniger zur Salzgewinnung benötigt wurden. In den folgenden Jahren wurden diese Vorschriften immer wieder geändert und das Siedeverfahren wurde so verfeinert, dass immer weniger Holz von Nöten war.

Das Ende der Flößerei im Jahr 1855 durch die Eisenbahn
Am 10. April 1855 legte in Limpurg das letzte Floß ab. Das Verkehrsystem Fluss wurde vom voranschreitenden Ausbau der Landwege und dem Kommen der Eisenbahn immer mehr abgelöst.

Das Jahr eines Flößers

Das Abholzen
Die Bauern kauften ihre Floßholz-Bäume an festgelegten Holztagen im Frühjahr und Herbst vom zuständigen hochherrschaftlichen Forstamt ab. Dafür bezahlt wurde jeweils eine Hälfte am sankt Martins Tag (dem 11. November) und die andere an Lichtmess (Anfang Februar). Geschlagen werden durfte das gekaufte Holz nur in der Saftzeit der Bäume, welche zwischen Ostern und Pfingsten liegt. Das hat seinen Sinn darin, dass die Haller Sieder einen besonderen Wert auf die Flamme beim späteren Verbrennen des Holzes während des Siedeprozesses gelegt haben. Die beste Flamme erzeugte ihrer Meinung nur ein Baum, der in seinem vollen Saft geschlagen wurde. Direkt nach dem Fällen wurden die Bäume entastet und geschält. Das Schälen war Aufgabe der Frauen. Anschließend wurden die geschälten Baumstämme über den Sommer zum Trocknen gelagert.

Spätherbst und Winter
Sobald der erste Frost den Boden festigte, wurde das Holz auf offene Plätze geschleift und je nach bestehender Möglichkeit mit einem Ochsenkarren oder durch das Wölzen zum Fluss geschafft.

Schneeschmelze
Mit der Schneeschmelze kam das Hochwasser und die Möglichkeit das Holz Richtung Hall zu treiben. Sobald die Haller ihre Holzrechen, auch "Bau" genannt, geschlossen hatten und der Vogt das OK gegeben hatte, ließen die Flößer die Blöcke zu Wasser und trieben jene bis zum Übergabeort nach Westheim.

Bauernzahltag
Am 20. Januar schließlich wurden die Bauern und die Vogte auf das Haalgericht nach Hall geladen. In einem mehrtägigen Prozess wurde nun zwischen Siedern und Bauern abgerechnet. Was eigentlich als Holzschuld bezeichnet wurde, wurde von der Hallern nur spöttisch Bauernzahltag genannt. Hier hatten beide Seiten auch die Möglichkeit gegenseitige Anschuldigungen und Verdächtigungen vorzubringen.

Konflikte mit der Stadt Schwäbisch Hall

1251 behauptet Schenk Wilhelm II. Von Limpurg, dass Kaiser Konrad IV.ihm den Wildbann, also das Lehen, um die Stadt Hall verliehen hätte. Wäre das der Fall, so hätte es die Stadt Schwäbisch Hall hinzunehmen, nicht mehr direkt dem Befehl des Kaisers zu unterstehen, sonder sich dem Diktat des Schenken beugen zu müssen. Die ständigen Streitereien wurde vier Jahre später von König Wilhelm geschlichtete, der ein Stillhalteabkommen zwischen beiden Parteien aushandelte. Jährlich verschwanden tausende geflößte Blöcke aus dem Wasser was zu ständigen Reibereien zwischen den Limpurger Flößern und den Haller Siedern führte. Keiner wollte die Verantwortung für das verloren gegangene Holz übernehmen. Die Flößer gingen so weit, dass sie den Siedern unterstellten, diese würden mehr Zeit im Wirtshaus verbringen als sie Mühe dafür aufwenden das übergebene Holz weiter zu treiben.

Wurde Anfangs noch nur für das Holz bezahlt, das an seinem Ziel ankam, so war dieser dauerhafte Zwist der Anlass dafür, dass ab 1694 das Holz berechnet wurde, das in den Kocher geworfen wurde. Die Stadt Hall verbot außerdem jegliches Passieren von Holz auf Haller Territorium, welches ihnen zum Nachteil gereichen könnte. Problematisch war dieses Verbot in so fern, dass die Limpurger Holzbauern die Möglichkeit gehabt hätten ihr Holz auch nach Niedernhall bei Künzelsau zu verkaufen. Da dieses Holz dort jedoch auch zum Sieden von Salz gebraucht worden wäre, hakte sich die Stadt Hall ein und ein Ausbau des Holzhandels weiter den Kocher abwärts blieb den Limpurger Flößern verwehrt.

Kuriosäten und Kriminalität

Auch das heute so oft romantisierte Mittelalter war durchzogen von krimineller Energie.Oft war es Not, die Holzbauern dazu veranlassten in unbeobachteten Momenten Blöcke aus dem Kocher zu ziehen und die dort eingehauenen Male zu verändern, so dass sich der rechtmäßige Eigentümer später nicht mehr ermitteln lies. Das unrechtmäßige Ausziehen von Holz hatte in der Stadt Gaildorf sozusagen Tradition: Jahre lang nahmen sich die Bürger das Recht heraus Blöcke, die durch Hochwasser an Land geschwemmt wurden oder sich im Ufer verfingen, aus dem Fluss zu ziehen und für den privaten Gebrauch zu verwenden. Dieses Verhalten rechtfertigten sie mit einem angeblich existierendem Gewohnheitsrecht.

Bei einem Versuch diesen Streit zu schlichten trat das Holzfangrecht in Kraft, welches den Gaildorfern das Abfischen von Holz tatsächlich erlaubte. Geschädigte in diesem Urteil waren eindeutig die Haller, welche laut diesem Holzfangrecht selbst dafür zu sorgen hatten, dass alles Holz zu ihnen gelangte. Vergleichend hierzu möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass ab 1694 das Holz von den Hallern bezahlt werde musste, welches in den Fluss geworfen wurde. Auch die Müller der passierten Mühlen vergriffen sich gerne mal an den vorbeitreibenden Blöcken. Immer wieder habe ich hier von der Reichgrafschaft Limpurg gesprochen.

Kurioser Weise ist der Grafen Titel der Schenken von Limpurg doch tatsächlich nicht offiziell verliehen worden. In der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann man sich den Grafentitel auf die Flagge zu schreiben. Einzig und allein ein fehlender Widerspruch von seitens des Hofes ist es zu verdanken, dass sich dieser Titel tatsächlich durchsetzen konnte. Wer jedoch das Geschlecht der Limpurger Schenken als eine allgemein rauhe Sippe vor Augen hat, der sei hier eines besseren belehrt: In der ältesten Liederhandschrift des Mittelalters, der großen Heidelbergerliederhandschrift, auch Codex Manesse genannt, ist Schenk Konrad von Limpurg zu finden, der sich als Minnesänger im Mittelalter einen Namen machte.